Andrej Holm
Dran bleiben
Workshops und Tagungen zur Wohnungsversorgung gehören mittlerweile in Berlin wieder zum Tagesgeschäft der Stadtpolitik. Die steigenden Mieten, das sich verknappende Angebot, die Verdrängungsprozesse in vielen Innenstadtbezirken und nicht zuletzt die Proteste einer wachsenden Zahl von Mietergruppen und Stadtteilinitiativen haben die Wohnungspolitik zurück auf die Agenda der Politik gesetzt.
Die „Nichts läuft hier richtig – Konferenz zum Sozialen Wohnungsbau in Berlin“ unterschied sich von all den anderen Fachveranstaltungen zur Wohnungsfrage. Es waren nicht die „üblichen Verdächtigen“ von Senatsverwaltungen, wohnungswirtschaftlichen Verbänden und Mieterorganisationen die die Themen festlegten und die Podien besetzten. Mieterinnen und Mieter aus verschiedenen Häusern des Sozialen Wohnungsbaus organisierten die Tagung, luden Expert/innen ein und bestimmten den Takt der Diskussionen. Hier haben jene die Stimme erhoben, über die sonst gesprochen wird.

Die Strategie der Selbstermächtigung prägte die Stimmung der Konferenz. In vier Arbeitsgruppen diskutierten mehr als 250 Mieter/innen, Expert/innen und Interessierte nicht nur über Problemlagen und Lösungsmöglichkeiten, sondern fixierten auch Forderungen und Prüfaufträge an die anwesenden Vertreter/innen aus Verwaltung und Politik.

Die Bilanz nach einem Jahr fällt mager aus. Nur in wenigen Bereichen wurden die Vorschläge und Forderungen der Konferenz aufgegriffen. Ein halbherziges Mietenkonzept für einen Teil der Großsiedlungen im Sozialen Wohnungsbau reicht nicht aus, um die noch knapp 150.000 Wohnungen des Sozialen Wohnungsbaus dauerhaft für eine soziale Wohnungsversorgung in der Stadt zu erhalten.

Die auf der Konferenz erarbeiteten Vorschläge und Modelle für eine Rekommunalisierung und eine Neufassung des Wohnraumgesetzes weisen in eine richtige Richtung und sind nach wie vor hoch aktuell. Vor allem aber zeigen sie: Eine andere Wohnungspolitik ist möglich.

Mit der Beharrlichkeit ihrer Proteste haben die Mieter/innen der Fanny-Hensel-Siedlung, von Kotti & Co und vielen anderen Orten das Thema des Sozialen Wohnungsbaus in die politische Debatte zurückgetragen und Lösungsvorschläge erarbeitet. Doch die Mieter/innen sind der Ausflüchte des politischen Tagesgeschäfts müde. Sie kennen all die Koalitionspartner, die von der vernünftigen Lösung noch nicht restlos überzeugt wurden, die Senatskolleg/innen, die noch nicht zugestimmt haben und die ungeklärten Rechtslagen. Die Geduld der Mieterinnen und Mieter wird sich nicht endlos strapazieren lasse. Für 150.000 Sozialwohnungen in Berlin tickt die Uhr. Jetzt heißt es dran bleiben und handeln!